Gelber Sack oder Gelbe Tonne: Was sind die Vor- und Nachteile des jeweiligen Modells?
Im „Gelben Sack“ oder der „Gelben Tonne“ werden Verkaufsverpackungen aus beliebigen Materialien (zum Beispiel Kunststoff, Metall, Verbundstoffe), die beim privaten Endverbraucher anfallen, getrennt vom übrigen Hausmüll (Restmüll) gesammelt. Organisiert werden die Einsammlung sowie die weitere Sortierung und Verwertung durch die sogenannten Dualen Systeme. Die Entscheidung darüber, ob in einer Kommune „Gelbe Säcke“ oder „Gelbe Tonnen“ verwendet werden, liegt nicht alleine beim Landkreis, sondern erfolgt in Abstimmung zwischen den öffentlich-rechtlichen Entscheidungsträgern mit den Dualen Systemen. Daher gibt es bundesweit verschiedene Sammelsystemstrukturen.
Im Landkreis Darmstadt-Dieburg entscheidet der ZAW
Im Landkreis Darmstadt-Dieburg haben die Gremien des Zweckverbandes Abfall- und Wertstoffeinsammlung für den Landkreis Darmstadt-Dieburg (ZAW) 2020 erneut festgelegt, dass die Einsammlung von Verkaufsverpackungen in der seit 1991 im Landkreis etablierten zweiwöchentlichen Sacksammlung erfolgen soll. Eine Änderung des bestehenden Systems wäre frühestens zum 1. Januar 2025 möglich gewesen, wenn die Verbandsversammlung des ZAW bis zum 31. Dezember 2023 eine diesbezügliche Entscheidung getroffen hätte, was nicht der Fall ist.
Der Vorstandsvorsitzende des ZAW Lutz Köhler hat das Thema auf der öffentlichen CDU-Fraktionssitzung in Weiterstadt am 16. Oktober 2023 vorgestellt. Jetzt wurde entschieden, dass auch für den nächsten Ausschreibungszeitraum, also die nächsten drei Jahre, das bisherige Entsorgungssystem beibehalten wird. Lutz Köhler begrüßt diese Entscheidung und befürwortet die Einsammlung von Verkaufsverpackungen im „Gelben Sack“. Denn auch wenn die Frage, welches System besser ist, nicht eindeutig beantwortet werden kann, gibt es zahlreiche Vorteile, die für den „Gelben Sack“ sprechen.
So handelt es sich bei dem „Gelben Sack“ um ein im Landkreis etabliertes Sammelsystem, das allen Nutzerinnen und Nutzern bekannt ist. Bei einer Neueinführung der „Gelben Tonne“ könnte es in verschiedenen Bereichen der Kommunen und Einwohnerschaft zu Akzeptanzproblemen kommen. Weiterhin sind derzeit in allen Haushalten Lagermöglichkeiten für „Gelbe Säcke“ vorhanden und es ist kein zusätzlicher Platzbedarf für mindestens eine weitere 240-Liter-Tonne pro Haushalt notwendig. In dichtbebauten Innerortslagen und Mehrfamilienhausbebauungen könnte es bei der Einführung „Gelber Tonnen“ zu Stellplatz- und Verkehrsproblemen kommen.
Vor- und Nachteile beider Systeme
Größter Vorteil der „Gelben Säcke“ für die Nutzerinnen und Nutzer ist ihre Flexibilität bezüglich Mengenanfall. Jede und jeder kann so viele Säcke verwenden, wie sie/er für die Entsorgung ihrer/seiner Verpackungsabfälle benötigt. Bei der „Gelben Tonne“ ist das Volumen hingegen beschränkt; es passt nur der Inhalt von zweieinhalb „Gelben Säcken“ hinein. Einer falschen Befüllung mit anderen Abfällen sind beim „Gelben Sack“ durch die eingeschränkte Reißfestigkeit und Transparenz ebenfalls Grenzen gesetzt. Deshalb ist die Sammelqualität beim „Gelben Sack“ insgesamt besser als bei der „Gelben Tonne“. Zusammengefasst sind flexible Handhabung, geringere Fehlbefüllungen und platzsparende Lagerung die wichtigsten Vorteile der „Gelben Säcke“.
Zu den Vorteilen der „Gelben Tonne“ zählt, dass sie Witterungen besser standhält. Wind und Sturm führen immer wieder dazu, dass sich die Säcke und der Inhalt auf den Straßen verteilen. Werden Tonnen aufgestellt, wird so das Stadtbild verbessert. Darüber hinaus schützt die „Gelbe Tonne“ den Inhalt besser vor Tierfraß oder dem Aufreißen durch scharfe Gegenstände und in ihr kann Plastikmüll weitgehend geruchsneutral gelagert werden.
Bezüglich der Frage zur Nachhaltigkeit sind laut Berechnungen des ZAW die Säcke den Tonnen überlegen. Auch wenn das Kunststoffmaterial zur Herstellung von „Gelben Säcken“ bzw. „Gelben Tonnen“ unterschiedlich ist, wären erst nach neun Jahren von einem Haushalt so viele Säcke verbraucht wie eine gelbe Tonne wiegt. Dies entspricht etwa dem Abschreibungszeitrum von Abfallgefäßen.
Hohes Prozessrisiko
Aktuell stehen die Systembetreiber der Einführung „Gelber Tonnen“ eher kritisch gegenüber, da hierdurch – wenn nicht an anderer Stelle wie z. B. bei der Abfuhrfrequenz der Aufwand reduziert wird – erhebliche Mehrkosten zu tragen sind. Vor diesem Hintergrund klagen derzeit Systembetreiber gegen den Sofortvollzug. Dies führt zunächst zu einer Verzögerung der Einführung und beinhaltet ein Prozess- und Kostenrisiko für die öffentlich-rechtlichen Entsorger.
Wer trägt die Kosten der Anschaffung der „Gelben Tonne“?
Die Kosten für die Anschaffung und Verteilung von ca. 100.000 „Gelben Tonnen“ im Landkreis Darmstadt-Dieburg würden bei ca. 3,5 Millionen Euro liegen. Sofern der öffentlich-rechtliche Entsorger per Rahmenvorgabe die Einführung von „Gelben Tonnen“ festlegen würde, wären die Dualen Systeme in der Pflicht, die Gefäße zu beschaffen, zu verteilen und zu leeren. Den Kommunen würden keine zusätzlichen Kosten entstehen. Allerdings bestehen die Dualen Systeme bei der Einführung „Gelber Tonnen“ im Gegenzug zumeist auf einer Erweiterung des Abfuhrrhythmus von 14-tägiger auf die 4-wöchentliche Abfuhr. Bei der angestrebten Beibehaltung des erst in 2020 erfolgreich durchgesetzten ganzjährig 2-wöchigen Abfuhrrhythmus und gleichzeitiger Ablösung des „Gelben Sacks“ durch die „Gelbe Tonne“ wäre eine Klage der Dualen Systeme wahrscheinlich. Eine kommunale Beschaffung „Gelber Tonnen“ könnte nicht über Gebühren finanziert werden und müsste über eine Umlage aller Verbandsmitglieder erfolgen. Jedoch können die Dualen Systeme nicht verpflichtet werden, kommunal beschaffte Behälter zu nutzen. Eine Zustimmung aller Dualen Systeme hinsichtlich der Selbstverpflichtung, kommunale Gefäße dauerhaft zu nutzen, ist eher unwahrscheinlich.